Sechste Tag: Mittwoch, der 17. August 2o22
Es gibt Lieferschwierigkeiten mit den nächsten Blog-Beiträgen. Für diesen Fall schleichen wir ins ND-Archiv und finden beim Stöbern in der Bilderdatenbank diese Aufnahme. Anno 2020 oder 2021: Unzweifelhaft kurz vor der Ziellinie der Bergetappe. Die Burgtor-Schikane ist trotz der Röhren lässig absolviert und ohne jeglichen Kratzer passiert. Dies attestiert das Inspektionsteam, an der Spitze links ein Meister der Holzbaukunst. Genauen Beobachtern der Szenerie fällt auf, dass die Jugendburg fensterlos daherkommt. Holzwürmer, Glaser, Fensterstreicher zurück an die Arbeit.
Den letzten, glänzenden Schliff bekommt das Bild durch die güldene Farbe des Mercedes 280 CE. Wer sich jetzt über das unübliche Baustellen-Fahrzeug wundert, dem sei in das Fahrtenbuch hineingeschrieben, dass mit 202.252 Zulassungen die Daimler Baureihe W 123 den Golf, nur 200.892 Neuzulassungen, überholt hatte. Apropos Lieferzeiten. Diese wuchsen beim neuen W 123 auf bis zu drei Jahre an, was dazu führte, dass für Kaufverträge für Neuwagen teilweise mehr als 5000 DM über Listenpreis (sic!) bezahlt wurde, um schneller an das Modell zu kommen. Der gegenüber der Limousine 85 Millimeter kürzere Radstand gab dem Coupé im Zusammenspiel mit dem niedrigeren Dach und den stark geneigten Front- und Heckscheiben eine gedrungene Erscheinung.
Der Clou bei diesem Wagen ist natürlich die Dachluke, die unkonventioneller Transportmöglichkeiten der Kofferraum-sprengenden Röhren erst ermöglichte. Auch ein legendäre Audi TT in der metallic-blauen Urvariante erreicht alljährlich klaglos die Neuerburg und wird vor Ort durchgecheckt
Die Oldtimer, jetzt nicht die Autos geschielt, sondern auf die Menschen geblickt, spielen für die Ora-Belegschaft eine nicht zu unterschätzende Rolle. Sie verteilen freigiebig Altersweisheiten, sind weltoffen, lassen fünfe auch mal grade sein und haben (meistens) Nachsicht mit der Jugend-Brigade.
Auf meiner ersten Ora & Labora-Woche hatte ich das Vergnügen mit besagtem Mercedesfahrer zusammenzuarbeiten. Wir hatten den Auftrag, die Holzpfeiler unter der Aussichtsplattform zu verstärken. Unser Projektleiter war ein Ingenieur von Bosch, der alles höchst genau ausmaß und ausrechnete. Bisweilen musste er aber neue Zollstöcke organisieren gehen. „Maßstäbe“ pflegte er zu sagen. Öfters ergab es sich, als unser Polier wieder auf unserer Baustelle erschien, wir den Arbeitsschritt schon erledigt hatten. „Einfach mit Augenmaß und Überlegung machen.“
Von ihm habe ich von im meinem ersten Labora-Jahr gelernt: Speziell in spätmittelalterlichen Burggemäuern gilt das Erfahrungswissen: Unkonventionelles Arbeiten bringt gute & ungeahnte Baufortschritte. Geschätzt habe ich das wohl gekühlte Feierabend-Bier, das wir vor dem grandiosen Ausblick unter der Westbastion zischten. Verborgen vor dem Rest der Baubrigaden.