In wessen Vollmacht?

Der Inhalt dieses Beitrages entspricht der persönlichen Meinung des Autors.

Ein Kommentar von Gerd Weckwerth

 „In der Kirche gibt es keine Macht, sondern nur Vollmacht“ Dieser Spruch des früheren Kölner Erzbischofs Meisner auf die Kritik, er hätte sein Amt der Macht Roms zu verdanken, scheint sich jetzt nach mehr als 30 Jahren in besonders negativer Weise zu bestätigen.

Die große Zahl an Verfehlungen, die das von seinem Nachfolger Kardinal Woelki in Auftrag gegebene 2. Gutachten ihm und engsten Mitarbeitern vorwerfen, verdeutlicht ein gestörtes Verhältnis zur irdischen Macht. Wie ein nachträgliches Motto seiner Amtszeit, hört sich jetzt dieser besonders für Außenstehende arrogant klingende Verweis auf eine quasi vom Himmel fallende Vollmacht an.

Wenn die Bibel von der Bewunderung der Menschen über Jesus spricht, welche Vollmacht aus seinen Worten spreche, dann ist dort alles andere als eine Machtverletzung gemeint. Im Gegenteil, hat sich Jesus immer geweigert, irdische Machtverhältnisse anzutasten, sondern er wollte bestenfalls die Gesetze im Sinne des Menschen auslegen, weil diese für den Menschen da seien. Wenn jetzt als Hauptverfehlung, vor allem Meldepflichtverletzung von Missbrauchsfällen festgestellt werden, dann wurden Täter geschützt und nicht die Opfer, also gegen den Sinn der Gesetze gehandelt.

In ein schlechtes Licht bringt die Aufdeckung solcher Verfehlungen auch das Gehorsamsgebot, das geistliche Mitarbeiter mit der Weihe gegenüber ihrem Bischof ablegen. Gerade wenn Gehorsam nicht auf ausdrückliche Weisung, sondern um zu gefallen oder in vorauseilendem Gehorsam geschieht, kann sich leicht ein Ungeist des Dienstherrn unter seinen Mitarbeitern ausbreiten. Das gilt auch im Fall des Kölner Erzbischofs Meisner, der bereits in den Pastoralgesprächen zu Beginn seiner Amtszeit feststellen musste, dass in fast allen wichtigen Erneuerungsfragen die Vertreter der Gläubigen seiner Diözese mehrheitlich eine andere Meinung als er vertraten. Sein damaliges Resümee „wir müssen beidseitig noch viel voneinander lernen“, erwies sich dann eher als eine Einbahnstraße.

Dass die Gläubigen der Diözese nicht mehr bereit sind, einen Erzbischof wie Kardinal Meisner hinzunehmen, zeigt sich jetzt bei seinem Nachfolger. Im Gegensatz zu Meisner hatte Kardinal Woelki als gebürtiger Kölner mit einigen Aktionen, z.B. für Flüchtlinge und Obdachlose zunächst einen hoffnungsvolleren Start. Seinen ganzen Kredit verspielte er jedoch ab 2018 u.a. mit einem Minderheitenvotum gegen eine Handreichung der deutschen Bischofskonferenz zur Ermöglichung eines Kommunionempfangs konfessionsverschiedener Ehepaare, zahlreiche verstörende Aussagen gegen den synodalen Weg und nicht zuletzt durch seinen Umgang mit den Missbrauchsfällen in seiner Erzdiözese.

Selbst wenn in den einzelnen Fällen Kardinal Woelki weniger anzulasten sein sollte, hat das unglückliche Verhalten in der Aufarbeitung der Missbrauchsskandals wesentlich zu einem Glaubwürdigkeitsverlust der katholischen Kirche nicht nur in seiner Erzdiözese mitbeigetragen. Wenn er auch nur annähernd etwas von dem persönlichen Vertrauensverlust wieder zurückgewinnen möchte, dann nur, wenn er im Gegensatz zu seinem Vorgänger mehr auf die Gläubigen seiner Diözese hört und in vielen Fragen des Reformstaus sich bewegt und nicht weiter den Bremser in der Bischofskonferenz spielt. So würde z.B. eine Stellungnahme gegen das vatikanische Verbot der Segnung homosexueller Partnerschaften ähnlich, wie sie andere Bischöfe und große Gruppen von katholischen Priestern in den letzten Tagen abgegeben haben, einem Kölner Erzbischof gut zu Gesicht stehen. 

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