Tagesprophet #Dienstag, 14. April

Der Inhalt dieses Beitrages entspricht der persönlichen Meinung des Autors.

Wir lassen den Mainzer AufbruchsKongress nicht sanglos und klanglos verstreichen. Ein ‚Tagesprophet‘ an alle Teilnehmer*innen und Interessierte enthält jeweils einen Fragebogen, Geistlichen Impuls und ein Quiz. Auf dem ND-Blog veröffentlichen wir den täglichen Fragebogen.

Wer den ‚tagespropheten‘ bekommen möchte: Einfach eine Mail an kongress@nd-netz.de

Fragen zur Zeit: Renate und Jörg Spannig, München

Renate ist in der ND-Leitung, ND Kind, Sozialpädagogin, Kommunalpolitikerin, Jörg Maschinenbauingenieur, Herausgeber Liederbuch Dacapo, beide sind aus der KSJ Amberg, seit 1992 verheiratet, 2 Adoptiv- und Pflegekinder (17 und 21)

Hand auf‘s Herz: Erlebt Ihr die Zeit als Entschleunigung oder als puren Krisenstress?

Stress definitiv nicht, eher die Sehnsucht nach sozialen Kontakten, Begegnungen. Wir haben das große Glück gesund zu sein und in einem Haus mit Garten leben zu können.

Was beschäftigt Euch gerade?

Renate: Beruflich als Sozialarbeiterin/ Sozialraumentwicklerin bei der Caritas merken wir schon sehr stark die gesellschaftlichen Veränderungen. Z.B. sind Familien jetzt mit der Kinderbetreuung auf sich allein gestellt, es gibt jede Menge Hilfsbereitschaft und tolle Initiativen, aber die staatliche Fürsorge greift nur ein, wenn Selbst- oder Fremdgefährdung vorliegt. Kinder und Jugendliche werden aber noch länger zu Hause bleiben müssen. Horte, Kindertagesstätten, Mittagsbetreuung müssten jetzt schnell umstellen und mit den Kindern täglich in Telefon oder Videokontakt treten und so die Kindern nicht nur schulisch, sondern auch emotional begleiten

Jörg: mich beschäftigt die Exitstrategie aus den Coronabeschränkungen. Die Uhr morgen einfach drei Monate zurückstellen geht gar nicht. Dann würde die Pandemie wieder von vorne losgehen. Mein Vorschlag wäre zunächst die Abiturient*innen und Student*innen wieder an ihre Bildungsorte zu lassen. Baumarkt wieder aufmachen wäre auch schön. Friseur geht chon o.

Hat der Corona-Virus Euere Leben umgekrempelt?

Nein, wir sind beide beruflich „systemrelevant“ daher gut beschäftigt.  Wir nutzen die Zeit anders, sinnvoller.

Was ist derzeitig der schmerzlichste Verzicht?

Nicht zum ND-Kongress fahren zu können ist schon hart. Keine nächtlichen Talks im Puberlapub, kein Wiedersehen und kein Umarmen der Bundesgeschwister, musikalische Sessions, Kongresschor.

Dass unsere Chorproben in der Gemeinde ausfallen, lässt sich auch nicht ersetzen. Unsere Pflegetochter darf uns nicht besuchen, unsere Mutter mit 90 Jahren sehen wir nur per Skype 

Was gibt Euch Hoffnung?

Renate: Hier in München haben wir eine Welle der Hilfsbereitschaft wie 2015. Die Sorge umeinander ist gewachsen. Vielleicht wird es langfristig weniger Hotelübernachtungen geben, dann kann das Personal in Alten- und Pflegeheimen für Hotelcharakter sorgen. Kreuzfahrtschiffe machen keinen Sinn mehr, für 1 Kreuzfahrtschiff kann man 1000 Windräder bauen. Homeoffice, Videokonferenzen gehen auf einmal, da brauchst vielleicht langfristig weniger lange Anfahrtswege. Die Flüsse sind wieder klarer, Vogelgezwitscher statt Flugzeuglärm tut allen gut, vielleicht  bleibt was hängen bei der Urlaubsplanung.

Jörg: Vieles, was eben noch ganz wichtig  und unverzichtbar  erschien, erweist sich derzeit als „nicht systemrelevant“. Daran werden wir die „Wichtigtuer“ noch jahrelang erinnern.

Wie kommt ihr durch die gottesdienstlose Zeit?

Beide:  Mit Online-Gottesdiensten, Videomeetinggottesdienste der ND-Gruppe Pfefferkorn, ND-Ostermontaggottesdienst im ND-Blog, waren wertvolle Erlebnis. Die Pfarrei bietet einen Drive-in Osterspeisensegnung und persönliche Grußkarten der Seelsorger an alle über 70 Jährigen der Gemeinde.

Jörg: Vor Jahren erzählte mir ein ND‘er auf dem Wohldenberg vom ergreifendsten Ostergottesdienst seines Lebens: der Pfarrer hatte das Kirchenportal am Karsamstag heimlich mit schweren Balken verschlossen und vernagelt. Um 5 Uhr morgens stand die versammelte Gemeinde dann bedröppelt, ausgesperrt in der Kälte und durfte nicht in die Kirche. Und nun? „Geht nach Hause, das war´s, ist dieses Jahr nichts mit Auferstehung! Kirche braucht heute eh keiner mehr.“ Nein: der Pfarrer kam im vollen Ornat mit einer schweren Axt und begann, ohne sich dabei von irgendjemand helfen zu lassen, die Barrikade zu zerschlagen, und das dauerte. Ermüdend lang hallte jeder Schlag durch das leere Kirchenschiff. Nach einer halben Ewigkeit, der Pfarrer ist schon sichtlich erschöpft von der harten körperlichen Arbeit, kann die Gemeinde dann endlich über Holztrümmer hinweg in die Kirche zurückkehren und diese Ankunft ganz neu erleben.

Ostern verwandelt erfahren. So ähnlich geht es mir gerade.

Ehrlich gesagt, es zeiht mich nicht mit Sehnsucht jeden Sonntag in die Kirche, geschweige denn zur Kommunion. Aber jetzt, wo beides nicht erleben darf, fehlt es mir doch sehr. Gut so!

Eure Lieblingsmusik?

Renate:  SCHEISS CORONA – The Happy Disharmonists https://www.youtube.com/watch?v=CK0fhl00QjY

Jörg: Helplessly Hoping – Suddenly Years Align (SYA) https://www.youtube.com/watch?v=6pmUabQaVvA

Hast du einen Literaturtipp für uns? (Warum)

„Green New Deal“ von Naomi Klein. Ansonsten greift jeder Aufbruch zu kurz.

Was sollte man sich im Netz unbedingt anschauen?

Thorsten Stelzner „Last uns menschlich sein“ https://youtu.be/PKNHCNHHBy8  

Dr. Mai Thi Nguyen-Kim, maiLab, Phase 2 „Corona geht gerade erst los“ https://www.youtube.com/watch?v=3z0gnXgK8Do

Was wird das Erste sein, was ihr nach der Corona-Krise größtem Vergnügen macht?

Renate: Schwimmen gehen, Sauna  

Jörg: Steckerlfisch im Biergarten

Wenn das Corona-Schlamassel einigermaßen überwunden ist:  Welche Erkenntnis oder Lernerfahrungen sollte die Gesellschaft beherzigen?

Renate: Krisen sind nicht mehr nur lokal, sondern müssen auch global gelöst werden. Gesundheit ist kostbar und muss wieder mehr von der Solidargemeinschaft finanziert werden. Gesundheitsberufe, Soziale Berufe, Berufe zur gesellschaftlichen Versorgung sind höher zu bewerten und zu bezahlen. Digitalisierung bringt Chancen. 

Jörg: Todgeweihte Gewerbezweige (Germanwings, SUV Produktion, Kaufhof, Privatkrankenhäuser…) gar nicht erst wiederbeleben.

Was ihr immer noch sagen wolltet …

Schön dass es den ND gibt, auf die christlichen Werte kommt es jetzt in der Coronakrise an.

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